DIE  SCHAMANISCHE  SAUG-EXTRAKTION


Wie wirksam ist schamanisches Heilen?

"Untersuchungen haben gezeigt, dass Lieder, Gesänge, Gebete, Zaubersprüche und Musik in einem Patienten Gemütszustände hervorrufen, die die Reaktion des Immunsystems auf Krankheit beeinflussen." (Barbara Tedlock)


PRAXISBEISPIELE ZUR SCHAMANISCHEN EXTRAKTION

Praxisbeispiel 3: Indianische Saug-Extraktion 

An dieser Stelle soll eine weitere Variante der Extraktions-Methode kurz dargestellt werden. Es handelt sich um die schamanische "Saug-Extraktion".

 

Nach Identifizierung des "Eindringlings" kann dieser mit den Händen und/oder mittels der Extraktionsrassel entfernt oder auch mit einem Saugrohr herausgesogen werden. In der linken Abbildung sind zwei Bambusrohre auf Tierfellen zu sehen; mit dem rechten kleineren Rohr kann filigraner extrahiert werden. Ebenso können fehlende Energien punktgenau zugeführt werden. 

 

Essie Parrish, eine Saug-Schamanin der Pomo, einem Indianerstamm in Nordkalifornien (USA), hatte zu ihren Lebzeiten Krankheiten mit dem mittleren Finger ihrer Hand entfernt. Ihr Werdegang zur Schamanin findet sich im Buch von Barbara Tedlock, "Die Kunst der Schamanin".

 


Ausschnitt aus dem Buch von

Barbara Tedlock, Die Kunst der Schamanin. Heilen und Wissen als weibliche Tradition

 

Barbara Tedlock schreibt, dass sie in den 1970er Jahren Essie Parrish kennenlernte, eine Heilerin der Pomo in Nordkalifornien. Von Barbara Tedlock befragt, wie sie zur Heilerin geworden sei, antwortete Essie mit dem Erzählen eines Traumes aus ihrer Jugend. Tedlock schreibt auf S. 37ff.:

 

Zitat: "In diesem Traum, so sagte sie, hörte sie eine Melodie. Das Lied drang im Schlaf in sie ein und fing an, sich in ihr zu singen. Als sie wach wurde, sang sich das Lied so lange weiter in ihr, bis sie es schließlich selbst laut sang und bald feststellte, dass es ihr gefiel. In einem späteren Traum sang sie das Lied, als sie durch sonnige Berge und Täler streifte, die nicht von dieser Welt waren. Sie kam an eine Kreuzung und wandte sich ostwärts, folgte einem schmalen Pfad mit bunt schillernden Blumen, auf denen Monarchenschmetterlinge saßen. Am Ende des Weges sah sie ein Netz aus Seidensträngen, in dem winzige Edelsteine hingen. Bei näherem Hinsehen entpuppten sie sich als Türkise, Meerohren und Gagatstücke, die um ein weißes Licht kreisten. Dann hörte Essie ein kratzendes Geräusch, das von einer Heuschrecke zu kommen schien, und erkannte darin das Geräusch von Krankheit. "Gefährliche Wesen, die wir "Mitbewohner" nennen, leben in unserem Körper wie Insekten, wie Ameisen", flüsterte sie. "Wenn ich singe, kann ich sehen, wo sie sich in ihre Nester verkriechen. Ich massiere die Stelle und zerstreue sie in alle Winde. Essie beschrieb ihre Arbeit so: 

Fundort: Barbara Tedlock, Die Kunst der Schamanin | Photographie von Essie Parrish, Saug-Schamanin
Fundort: Barbara Tedlock, Die Kunst der Schamanin | Photographie von Essie Parrish, Saug-Schamanin

 

"Mein Mittelfinger ist der mit der Kraft. Ich arbeite mit meinen Händen so wie jemand, der eine Angel auswirft, damit die Fische anbeißen. Der Schmerz, irgendwo innen drin, fühlt sich an, als würde er deine Hand anziehen - du kannst ihn gar nicht verfehlen. Auf keinen Fall. Du darfst ihn sogar anfassen! Ich lege meine Hände nicht selbst auf die Stelle. Nein, ich hab das Gefühl, jemand, vielleicht die Krankheit, zieht mich an. Fast wie ein Magnet.

 

Wenn die Kraft den Schmerz berührt, schnappst du nach Luft. Deine Kehle ist zugeschnürt. Du kannst einfach nicht mehr atmen, deine Brust ist gelähmt. Wenn du Luft holst, während du den Schmerz festhältst, könnte die Krankheit sich verstecken.

 

Wenn du flach atmest, kannst du den Schmerz ertasten, damit du ihn rausnehmen kannst. Aber wenn du Angst hast und den Atem nicht anhältst, kannst du den Schmerz nicht rausziehen.

 

Wenn ich den Schmerz rausziehe, kannst du ihn mit bloßem Auge nicht erkennen. Aber ich sehe ihn. Die Krankheit in einem Menschen ist schmutzig. Weiße Ärzte sagen wohl "Keime" dazu, aber wir indianischen Ärzte sagen, sie ist "schmutzig".

 

Meine Handfläche heilt auch. Aber das funktioniert nicht immer und überall: nur, wenn ich die Kraft herbeirufe. Wenn irgendwo Leute krank sind, finden meine Hände sie. Wenn jemand an mich denkt, dann fühlt sich die Spitze meines Mittelfingers, hier, wie bei einer Schussverletzung, wie bei einem Stromstoß an, das Gefühl kennst du. Tja, das ist meine Handkraft.

 

Dann habe ich noch meine Halskraft. Die habe ich zum ersten Mal bei einer jungen Frau angewandt. Mit meiner Hand hab ich den Schmerz ertastet und ihn dann rausgesaugt. Auf einmal kam dann so eine große Blase aus meinem Mund. Alle, die damals da waren, haben sie gesehen. Es sah aus, als würdest du einen großen Luftballon aufblasen, so kam sie aus meinem Mund, wie eine dicke Seifenblase.

 

Seitdem sauge ich die Krankheiten aus. Hier, genau hier [sie deutet auf eine Stelle mitten auf ihrem Hals] kommt die Kraft in meinen Hals. Die Krankheit ist so schnell wie ein Blitz, der in einen Baum einschlägt. So blitzschnell verschlägt sie mir den Atem. Man weiß nicht, wie lange man den Atem anhält. Es ist wie ein Trancezustand, so nennen es die Weißen.

 

Während die Krankheit auf mich zukommt, bin ich in Trance. Die Krankheit sagt mit fester Stimme zu mir:  "So und so sieht es aus. Es ist die und die Krankheit. Deshalb ist diese Person krank." Aber wenn mein Trancezustand vorbei ist, weiß ich nicht mehr, was die Krankheit zu mir gesagt hat.

 

So, jetzt weißt du von meiner Halskraft und von meiner Heilkraft." "

 

Zitiert aus: Barbara Tedlock, Die Kunst der Schamanin. Heilen und Wissen als weibliche Tradition, S. 37ff.