D E N  D Ä M O N  F Ü T T E R N


 

 

Tun wir einen Blick in ein interessantes Buch mit folgendem Titel:

 

 

DEN DÄMONEN NAHRUNG GEBEN

Buddhistische Techniken zur Konfliktlösung

Autorin: Tsültrim Allione

Erschienen im: Arkana Verlag

11. Auflage 2009  


BUCH-INHALT IN DER ÜBERSICHT

 

 

W A S ?

Ein Buch über alte buddhistische Techniken zur Konfliktlösung aus dem 11. Jahrhundert

 

1)  Die Autorin - eine Reinkarnation einer tibetischen Yogini aus dem 11. Jahrhundert

Die Autorin Tsültrim Allione, Amerikanerin (geb. 03.10.1947 in Bangor, Maine, als Joan Rousmanière Ewing), lebte viele Jahre als buddhistische Nonne im Himalaya und lernte bei tibetischen Lehrern. Es wird von ihr gesagt, dass sie die erste amerikanische Frau sei, die von Seiner Heiligkeit dem sechzehnten Karmapa zur tibetischen Nonne ordiniert wurde. Nach dreieinhalb Jahren gab sie ihr Gelübde zurück, um zu heiraten und eine Familie zu gründen. In Tibet und Nepal gilt Tsültrim als Reinkarnation der bedeutenden tibetischen Yogini Machig Labdrön aus dem 11. Jahrhundert. 

Lama Tsültrim und ihr Mann haben 1993 das Tara Mandala, eine internationale buddhistischen Community, gegründet, "um die Entwicklung der angeborenen Weisheit  zum Wohle aller zu fördern".

 

2)  Das Buch und der Begriff "Dämon" (Dämon als blockierende innerseelische Kräfte, unser "Schatten")

In ihrem Buch "Den Dämonen Nahrung geben" macht Tsültrim Allione uralte, aus dem 11. Jahrhundert stammende buddhistisch-tibetische Techniken der Konfliktlösung (des Chöd), die auf die oben genannte Yogini Machig Labdrön zurückgehen, wieder zugänglich. Diese Tradition definiert den Begriff "Dämon" nicht als ein übernatürliches dunkles, böses Geistwesen mit eigener Existenz im Sinne eines satanischen Gegenspielers himmlischer Wesen. Vielmehr wird unter dem Begriff "Dämon" eine Reihe innerseelischer Konflikte, negativer Geisteshaltungen und Krankheiten, die den Menschen quälen und umtreiben, subsumiert. Der Dämon ist die dunkle Seite in uns, unser "Schatten" (C.G. Jung) -  Persönlichkeitsanteile, die wir verdrängen, weil wir sie an uns ablehnen, und die wir auf andere projizieren. 

 

"Dämon" wird verstanden als eine "Projektion des Egos", und die Übung des Dämonenfütterns "zielt auf das Abschneiden der Ego-Anhaftung, die als Wurzel westlichen Leidens gilt", auf das Abschneiden negativer Konzepte bzw. von Konzepten überhaupt.

 

"Ein Dämon ist alles, was die Befreiung blockiert."

Lama Tsültrim schreibt im o.g. Buch auf Seite 61:

"Die Dämonen, die ich meine, sind keine Gespenster, Kobolde oder satanische Wesen. Als Machig Labdrön erklären sollte, was Dämonen sind, sagte sie: ´Was wir Dämonen nennen, sind keine real existierenden, greifbaren schwarzen Gestalten, die jedem, der sie sieht, Angst und Entsetzen einjagen. Ein Dämon ist alles, was die Befreiung blockiert`." 

Die Übungen des Chöd befreien von den Ich-Anhaftungen und führen zu selbstlosem Geben.

 

Das Buch vermittelt insofern einen "zugänglichen und effektiven Ansatz für den Umgang mit negativen Emotionen, Ängsten, Krankheiten und selbstzerstörerischen Mustern", ohne dass sich der Übende auf skurrile esoterische Pfade begeben muss.

 


 

W A R U M ?

Der Nutzen der Übungen und der Bezug zum Heute: Dämonen werden zu Verbündeten (zu Schutz und Beistand).

 

Mittels der in dem Buch von Tsültrim Allione dargestellten, Jahrtausende alten Übungen werden die eigenen Dämonen in Form von "negativen Emotionen, Ängsten, Krankheiten und selbstzerstörerischen Mustern" in persönliche Verbündete verwandelt.

 

"Es wird nicht versucht, die persönlichen Dämonen niederzukämpfen und zu zerstören, sondern wir begegnen ihnen in Furchtlosigkeit und nähren sie mit liebevoller Aufmerksamkeit und Mitgefühl. Durch die Verwandlung der störenden Kräfte werden die in den Konflikten und Krankheiten gebundenen Energien freigesetzt und stehen uns wieder zur Verfügung. Wir eröffnen damit "ein bisher ungenutztes Reservoir an Schutz und Beistand". "

 

 

Sie werden zu Verbündeten, wenn man ergründet, welche Nahrung (welchen "Nektar") sie benötigen, um sich in den Verbündeten zu verwandeln und ihre zwanghaften und quälenden Aktivitäten aufzugeben.

 

Lama Tsültrim erklärt, dass „unterbewusstes Geschwätz, emotionale Ablenkungen oder die vielen Anhaftungen, die unser tägliches Leben bestimmen“ nachlassen. Es wird freier innerer Raum geschaffen. Es kann wieder Frieden in das Gemüt einkehren. Es wird der Dämon zum Daimon, zu einer Art persönlichen Schutzgottheit (altgriech. δαίμων, „Gott“, "Versorger", „Macht“, „Schicksal“).

 


 

W I E ?

Die fünf Schritte der Dämonenarbeit im Überblick

 

Atemübung – Neun Atemzüge zum Entspannen

Motivation  – Von ganzem Herzen motiviert sein, zum eigenen und zum Wohle aller Wesen

 

Schritt 1 – Den Dämon finden

Schritt 2 – Den Dämon personifizieren und fragen, was er will und braucht

Schritt 3 – Der Dämon werden

Schritt 4 – Den Dämon füttern und dem/der Verbündeten begegnen

Schritt 5 – In Gewahrsam ruhen

 


 

W E R ?

Arten von Dämonen

 

Das Buch betrachtet die folgenden „Dämonen“ (= negative Emotionen, Ängste , Krankheiten, 

selbstzerstörerische Muster, verdrängte Persönlichkeitsanteile):

 

1.      Krankheitsdämonen

- Fleischfressende Krankheitsdämonen: z.B. Magersucht; Krebs

 

2.      Angstdämonen

- Dämonen der sozialen Phobie

- Dämonen der Verlustangst

- Dämonen posttraumatischer Belastungsstörungen (PTSD)

- Panikdämonen

 

3.      Liebesdämonen

- Beziehungsblockierende Dämonen

- Dämonenabgötter von Beziehungen

- Projektion von Dämonen

 

4.      Suchtdämonen

- Dämonen des Substanzmissbrauchs

- Arbeitswut

 

5.      Missbrauchsdämonen

 

6.      Familiendämonen

 

7.      Dämonen des Geistes

- Wutdämonen

- Perfektionsdämonen

- Depressionsdämonen

- Schamdämonen

- Furchtdämonen

- Unechtheitsdämonen

 

8.      Dämonen stolzen Hochgefühls

- weltliche Dämonen des Stolzes auf Erfolg, Arbeit, Familie, Besitz

- spirituelle Dämonen des Stolzes: Missbrauch spiritueller Autorität; Selbstüberhebung, Aufgeblasenheit, 

   Vermessenheit, Machtmissbrauch, Verhaftetsein, Selbsterhöhung

 

9.      Dämon der Selbstbezogenheit

 

10.    Dämonen in der Außenwelt

- Kollektive Dämonen in der Familie

- Betriebliche Dämonen

- Politische Dämonen

 

 


 

DIE FREIE SCHAMANIN:

(Gefahren-) Hinweis zur Arbeit mit den "Dämonen" 

(Dämonen als eigene negative Emotionen, Ängsten, Krankheiten und selbstzerstörerische Muster)

 

So spannend Buch und Inhalt auch sind: Es soll in diesem Überblick nicht verschwiegen werden, dass solche "Nachtmeerfahrten" auf eigene Faust durchaus auch gefahrvoll sein können.

 

Immerhin macht sich der/die Übende bewusst auf die Suche nach den eigenen "Dämonen" - und: Er/Sie wird die eigenen Dämonen treffen, wird ihnen in der Übung direkt gegenüberstehen. Denn bevor sie zu Verbündeten werden, visualisiert der/die Übende die Dämonen als eigenständige Persönlichkeiten.

 

Und nicht nur das. Dämon und Übende(r) tauschen auch die Plätze, das bedeutet:

Der/die Übende selbst nimmt die Position des Dämons ein, wird gleichsam zum Dämon, sieht sich selbst durch die Augen des Dämons und spricht als unabhängiges "Dämonwesen". 

 

Daher ist es möglich, dass es zu unangenehmen Konfrontationen mit den eigenen "Dämonen", also den eigenen "negativen Emotionen, Ängsten, Krankheiten und selbstzerstörerischen Mustern", mit sich selbst kommt. Dies sollte vor der Arbeit mit diesen Übungen bedacht werden. Gegebenenfalls sollte auch eine professionelle psychologische Unterstützung in Betracht gezogen werden.

 

Meine persönliche Erfahrung mit der in diesem Buch vorgestellten Arbeit:

Es funktioniert!

 

 

 


Die Schritte im Einzelnen

Die 5 Schritte der Dämonenfütterung

[Buch Seiten 78 ff.] 


 

Schritt 1: Den Dämon finden (3 Phasen) | [Buch Seite 78-83]

1.1 | Entscheidung zu treffen, welchem Dämon ich mich widmen will.

 

Mittels dieser Fragen kann man sich besser orientieren und eine Entscheidung treffen:

  1. Was laugt mich aus?
  2. Was zieht mich hinunter?
  3. Was zehrt an mit?
  4. Welches Ereignis hat mich kürzlich beunruhigt?

 

Lama Tsültrim empfiehlt, genau das Thema zu nehmen, welches einem bei diesen Fragen zuerst in den Sinn kommt - und auch dabei zu bleiben, insbesondere, wenn die erste Reaktion ablehnend ist (etwa: Oh nein, nicht das schon wieder!). Denn: "Unterdrückte Dämonen sind viel wirksamer und destruktiver, wenn wir sie ignorieren, als wenn wir sie uns bewusst machen." 

 

Welche Themen sind das zum Beispiel?

Lama Tsültrim nennt:

 

"Eine alte Sache, die immer wieder hochkommt".

"Eine alte Angst."

"Eine Sucht, Schmerzen, chronische Beschwerden, Krankheit, Verspannungen, Konflikt."

"Eine wiederkehrende Emotion/Gefühl."

"Eine Reaktion, die eine Person (ein Bild etc.) immer wieder auslöst."

"Hartnäckige Probleme im Leben wie Depressionen, Scheitern oder Nichtzustandekommen von Beziehungen, Geldsorgen." 

 

Es sind persistierende, sich immer wiederholende Themen, die die persönliche Energie aufsaugen und Lebenszeit in Anspruch nehmen. Themen, die man vielleicht schon oft in Angriff genommen hat, jedoch an der Lösung gescheitert ist. 

 

 Und was ist, wenn jemand nun verschiedene Themen / Dämonen hat?

Lama Tsültrim: "Wenn Sie viele Dämonen haben: Die Übung kann beliebig oft durchgeführt werden. Dämonen sind wie Matroschkas, ineinander geschachtelte russische Holzpuppen".

 

 

 

 

1.2 | Den Dämon im Körper lokalisieren

Lama Tsültrim schlägt folgendes Vorgehen vor, um den Dämon im Körper ausfindig zu machen:

  • Stimmen Sie sich ein
  • Erden Sie sich im Körpergefühl und erlangen Sie "unmittelbaren Zugang zur Weisheit des Körpers"
  • Scannen Sie Ihren Körper (Bodyscan), ohne zu urteilen
  • Orten Sie, wo diese Energie (= "alte Angst", "Sucht", "Schmerz", "Gefühl", Verspannung") sitzt
  • Verstärken Sie  das Gefühl, auf das Sie stoßen, und zwar bis zur Übertreibung 
  • Jede Emotion konzentriert sich irgendwo im Körper: Wo in meinen Körper halte ich diese Energie / Anspannung fest?

 

 

 

1.3 | Den Dämon im Körper beobachten

Der nächste spannende Schritt ist, den lokalisierten Dämon im eigenen Körper auch zu beobachten, ihn zu erforschen, ihn sich bewusst zu machen. Lama Tsültrim schreibt: "Dämonen beherrschen uns unter anderem, weil sie formlos sind."

 

Mit geschlossenen Augen erkunden wir unsere körperlichen Empfindungen.

Fragen, die man sich zur näheren Betrachtung und Erforschung des Dämons stellen kann:

  • Welche Farbe hat der Dämon?
  • Welche Form hat er?
  • Woraus besteht er?
  • Welche Temperatur hat er?
  • Wenn er einen Laut von sich eben würde, welcher/was wäre das?
  • Wenn er einen Geruch hätte, wie wäre der?

 


Schritt 2: Den Dämon personifizieren und ihn fragen, was er will und braucht | [Buch Seite 83-86]

2.1 | Den Dämon personifizieren (Gestaltgebung)

 

Warum den Dämon personifizieren, ihm eine Gestalt geben?

  • Lama Tsültrim sagt: "Den Dämon zu personifizieren, gibt dem Gestalt, was oft nur schwer zu erkennen ist."
  • Personifizierung meint das "Vorstellungsvermögen, einem empfundenen körperlichen Reiz Gestalt zu geben".
  • Die Personifizierung der im Körper identifizierten Störenergie / des aufgefundenen Dämons ermöglicht die Kommunikation mit dem Dämon. Die persönliche Kommunikation mit dem Dämon (= dem eigenen Problem, der eigenen Angst/Krankheit/Sucht) enthüllt mehr von dem Grund des Leidens.

 

Wie funktioniert das Personifizieren des Dämons?

  • Lassen Sie das im Körper lokalisierte Gefühl in den eigenen Augen Gestalt annehmen (Tier, Mensch, Ungeheuer, Pflanze, Mineral, unbelebte Objekte, oder sonst ein Wesen). Lama Tsültrim sagt hierzu: Es ist wichtig, die Entstehung des Bildes unserem Unterbewusstsein überlassen; die sich einstellenden Bilder sollen nicht verworfen oder verändert werden. Es sollen also keine Urteile über die aus dem Unterbewusstsein aufsteigenden Bilder gefällt werden, auch wenn diese "albern" wirken. Nur so kann erscheinen, was hinter den physischen Sinneseindrücken verborgen ist.
  • Laden Sie nun den Dämon ein, ein lebendiges Wesen zu werden, das direkt vor Ihnen sitzt.

 

Lama Tsültrim nennt ein Beispiel:

Wenn der Dämon als Baum oder unbelebtes Objekt erscheint, fragen Sie ihn: „Wie würdest du aussehen, wenn du ein lebendiges Wesen wärest?“ Dann schauen Sie, was passiert– vielleicht erscheint der knorrige Baumes nun als eine gebeugte alte Frau mit geschwollenen Gliedern und Ihnen hat etwas Wichtiges zu Ihrem vorliegenden Thema/Leiden mitzuteilen.

 

 

 

2.2 | Erforschung weiterer wichtiger Details der Gestalt des Dämons

Lama Tsültrim nennt einige Fragen, die Sie dem Dämon stellen können, um sich ein noch detaillierteres Bild von ihm zu machen: 

  • Wie groß ist der Dämon/die Dämonin?
  • Hat er Arme und Beine? Wenn ja, wie sehen sie aus?
  • Wie ist sein Äußeres beschaffen?
  • Hat er ein Alter?
  • Hat er ein Geschlecht?
  • Wie ist sein Gemütszustand?
  • Wie fühle ich mich, während ich ihn anschaue?

 

Lama Tsültrim weist darauf hin, dass Genauigkeit bei der Personifizierung von Dämonen von entscheidender Bedeutung ist, da ihr jeweiliges Erscheinungsbild unserem Unterbewusstsein entspringt und es wichtige Details und Informationen liefert als nur eine vage Vorstellung. Auch hier soll bei dem ersten Dämon bleiben, auch wenn er sich verändert.

 

 

 

2.3 | Den Dämon fragen, was er will, was er braucht und wie er sich fühlt, wenn er es erhält

Was gewollt wird, ist nicht immer das, was gebraucht wird. Hinter dem Wollen steckt oft ein ganz anderes Bedürfnis: In der Sucht nach einem Genussmittel versteckt sich vielleicht die Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit. Hinter der Jagd nach Erfolg verbirgt sich möglicherweise der Wunsch nach Sicherheit und Anerkennung.

 

 

 

2.4 | Direkte Kommunikation mit dem Dämon

Mit diesem Schritt beginnt die direkte Kommunikation mit dem in den vorherigen Schritten lokalisierten und personifizierten Dämon. Lassen Sie sich auf den Dämon ein und stellen ihm die folgenden drei Fragen - aber beantworten Sie sich noch nicht gleich: 

 

  1. Was willst du von mir?
  2. Was brauchst du von mir?
  3. Wie fühlst du dich, wenn du bekommst, was du brauchst?

 

Lama Tsültrim sagt: "Beantworten Sie die Fragen noch nicht. Sondern gehen Sie über zu Schritt 3 und tauschen Sie den Platz mit dem Dämon."

 

  


Schritt 3: Der Dämon werden | [Buch Seite 87-90]

 

Lassen Sie weiterhin die Augen geschlossen.

 

3.1 | Platztausch mit dem Dämon

Tauschen Sie nun physisch mit dem Dämon die Plätze/die Stühle/die Matte.

Setzen Sie sich auf seinen Platz Ihnen gegenüber.

  • Sie nehmen den Platz des Dämons ein.
  • Sie stellen sich vor, wie der Dämon sich seinerseits an Ihre Stelle/auf Ihren Stuhl setzt und Sie ansieht.
  • Visualisieren Sie mit geschlossenen Augen den Dämon direkt vor Ihnen auf Ihrem Platz

 

 

3.2 | Identitätswechsel nach Tausch des Sitzplatzes mit dem Dämon 

  • Lassen Sie das Bild von dem personifizierten Dämon vor Ihren Augen lebendig werden.
  • Schlüpfen Sie nun in die Haut dieses Dämons. 
  • Sie werden selbst zu dem Dämon.
  • Versetzen Sie sich in seine Lage. 
  • "Nehmen Sie sich genügend Zeit, um sich an die neue Identität zu gewöhnen": Sie selbst sind jetzt der Dämon/die Dämonin.

 

 

3.3 | Beantwortung der drei Fragen (aus Schritt 2.4) als personifizierter Dämon

 

Erst nachdem Sie sich an die Identität mit dem Dämon gewöhnt haben, beantworten Sie -in der Person des Dämons- die drei Fragen (aus Schritt 2.4 oben). 

Die Fragen lauteten:

 

  1. Was willst du von mir?
  2. Was brauchst du von mir?
  3. Wie fühlst du dich, wenn du bekommst, was du brauchst?

 

 

Sie in der Personifikation des Dämons/der Dämonin beantworten die Fragen in der ICH-Form:

 

  1. Was ich von dir will, ist …
  2. Was ich von dir brauche, ist …
  3. Wenn ich bekommen, was ich brauche, fühle ich …

 

Fragen Sie sich hierzu:

Wie fühle ich mich in der Haut des Dämons/der Dämonin? Wie geht es mir als Dämon?

Wenn ich als Dämon/Dämonin auf mich selbst am Platz gegenüber blicke: Wen sehe ich dort? Was sehe ich? 

Wie wirke ich als Mensch auf mich als Dämon/Dämonin? 

 

Lama Tsültrim bemerkt hierzu:

"Das Gefühlsleben des Dämons kann ganz anders sein kann, als wir denken. ... Schritt 3 ist mitunter eine der überraschendsten Phasen des Prozesses.“

 

Lama Tsültrim weist zudem explizit auf Folgendes hin:

"Je gewaltiger und fordernder der Dämon war, desto größer wird nun die Macht des Verbündeten, denn es ist die Gewalt des Dämons, die zur Kraftquelle des Verbündeten wird." 

 

 


Ein Beispiel

D E R   S T R E S S D Ä M O N

Durchspielen der Schritte 2 und 3 anhand des Beispiels eines Stressdämons | [Buch Seite 87]

 

Lama Tsültrim führt das folgende Beispiel an:

Eine Frau lokalisiert und identifiziert einen querulatorischen und demütigenden Stressdämon, der sich mit einer permanenten Hass-Stimme gegen sie wendet.

 

  • Frage an den Dämon: "Was WILLST du von mir?"
  • Antwort des Dämons: "Ich WILL, dass du dich beeilst und mehr leistest, damit du erfolgreicher bist."
  • Hier wird zwischen WOLLEN und BRAUCHEN unterschieden, denn WOLLEN ist nicht BRAUCHEN, und was die Dämonen brauchen ist oft in dem versteckt, was sie haben wollen.
 
  • Frage an den Dämon: Was BRAUCHST du von mir?
  • Antwort Dämon: "Was ich wirklich von dir BRAUCHE, ist ein Gefühl der Sicherheit.
  • Der Aufforderung "Leiste-mehr + Beeil-dich = sei erfolgreicher" liegt also eigentlich ein Sicherheitsbedürfnis zugrunde.

 

  • Mit der dritten Frage an den Dämon wird dann noch einmal tiefer dem GEFÜHL nachgeforscht: 
  • Frage an den Dämon: "Wie würdest du dich FÜHLEN, wenn du von mir bekommst, was du brauchst, also wenn du ersehnte Sicherheit bekommst?"
  • Antwort Dämon: "Ich würde das Gefühl haben, endlich loslassen und entspannen zu können und Frieden zu finden."
  • Jetzt weiß die Frau, womit bzw. mit welchem NEKTAR sie ihren Dämon füttern und versorgen muss: mit ENTSPANNUNG und dem Gefühl von FRIEDEN. Dies wird "den zwanghaften Aktivitäten" ihres Dämons (also dem Stress in Form von querulatorischem und demütigendem innerem Drängen und der Hass-Stimme) ein Ende setzen.
  • Als der Stressdämon gesättigt war, verschwand er nicht nur, sondern die Frau visualisierte ein Schild an ihrer Tür mit der Aufschrift: "BIN ANGELN". Der Dämon hatte es dort hingehängt.  

 


Schritt 4: Den Dämon füttern und den Verbündeten kennenlernen

 4.1 | Den Dämon füttern

 

Den ursprünglichen Sitzplatz wieder einnehmen

Sie nehmen wieder den ursprünglichen eigenen Platz gegenüber dem Dämon ein.

Sie nehmen sich einen Moment Zeit, werden ruhig, kommen im eigenen Körper an. Sie sind wieder Sie selbst.

Erneut visualisieren Sie den Dämon.

 

 

Wie man den Körper in Nektar zerfließen lässt

Sie stellen sich vor, wie Ihr Körper in Nektar zerfließt.

Dieser Nektar beinhaltet das Gefühl (z.B. Gefühl der Entspannung, Gefühl des Friedens), das der Dämon hat, wenn er bekommt, was er benötigt (z.B. Sicherheit)

 

Lama Tsültrim stellt verschiedene Möglichkeiten des Zerfließens dar:

Verschiedene Möglichkeiten, zu zerfließen:

  • Von den Füßen aufwärts zum Kopf
  • Oder gleichzeitig vom Fuß- und Kopfende her hin zum Herzen hin zerfließen
  • Vom Kopf hinunter zu den Füßen zerfließen
  • Oder sich ganz spontan auflösen

 

Formen des Nektars

  • Flüssig oder auch andere Formen/Erscheinungsarten: Dampf, Rauch, Sahne, Eiscreme
  • Zuströmend auf Dämon oder im Behälter? Farbe?
  • Nektar stellt in verdichteter Form alles dar, was der Dämon auf die dritte Frage geantwortet hat (= "Entspannung und Frieden". Oder "kraftvoll/geliebt/akzeptiert fühlen" = das sollte auch die Essenz/Qualität des Nektars ausmachen = Entspannung und Frieden // Kraft, Liebe, Akzeptanz.

 

Wie der Dämon den Nektar aufnimmt

  • Beobachten Sie (visualisieren Sie frei), wie der Dämon den Nektar (die Essenzen) aufnimmt: mit Finger, Mund, Körper, Poren, auf andere Weise
  • Lama Tsültrim weist darauf hin, dass dem Dämon ein unerschöpflicher Vorrat dieses Nektars mit dem Gefühl grenzenloser Großzügigkeit dargeboten werden soll. Knüpfen Sie die Gabe des Nektars nicht an Bedingungen.

 

Wie sich der Dämon verändert

Während der Fütterung und mit der Aufnahme des Nektars verändert sich der Dämon.

Beobachten Sie, wie er sich verwandelt, beeinflussen Sie nichts,  lassen Sie die Verwandlung, die Veränderungen einfach geschehen.

  • Verändert sich das Erscheinungsbild des Dämons?
  • Verwandelt sich der Dämon in ein ganz anderes Wesen?
  • Löst sich der Dämon auf?
  • Geht der Dämon weg, verschwindet er? 

 

 

Lama Tsültrim beschreibt:

“Es wird sich ganz von selbst etwas entfalten, wenn der Dämon bis zur vollkommenen Sättigung gefüttert worden ist.“

Vgl. das Beispiel auf S. 93: Der Hass-Stimmen-Dämon geht nach der Nektar-Fütterung und seiner vollständigen Sättigung weg und hängt ein Schild an die Tür mit der Notiz „Bin angeln“.

 

 

* * *

 

 

4.2 | Dem Verbündeten begegnen

Lama Tsültrim nimmt an dieser Stelle noch einmal die Geschichte von Machig Labdrön auf, der berühmten Yogini aus dem 11. Jahrhundert, als deren Reinkarnation Lama Tsültrim gilt:

 

„Machig Labdrön bot sich den angreifenden Nagas/Wasserdämonen als Nahrung an, woraufhin sie sich in Verbündete verwandelten und gelobten, fortan Machig und ihre Anhänger zu beschützen. Wenn wir uns in Nektar dem Dämon darbieten, verwandeln sich dessen negative Energie in eine positive Kraft. Sobald sich der Dämon durch Sättigung auflöst, haben wir Gelegenheit, diese Kraft in ihrer wahren Gestalt kennenzulernen und zu erkennen, wie diese umgewandelte Energie zu einer positiven, schützenden Gegenwart in unserem Leben werden könnte.“

 

Lama Tsültrim ergänzt: Ein zufriedener Dämon kann sich in eine wohlwollende Gestalt verwandeln: in ein Tier oder in ein Krafttier, einen Vogel, einen Menschen, in einen mythischen Gott oder anderes. Alternativ können wir auch einen bekannten, bereits existierenden Verbündeten einladen und diesen bitten, sich vor uns zu verkörpern. Handelt es sich um ein unbelebtes Objekt oder eine Pflanze/ein Mineral bitten wir dieses, sich zu personifizieren.

 

Und dies sind die Fragen, die wir dem Verbündeten stellen:

  1. Wie wirst du mir helfen?
  2. Wie wirst du mich beschützen?
  3. Welches Versprechen kannst du mir geben?
  4. Wie kann ich Kontakt zu dir aufnehmen?

 

Genau wie in Schritt 3 bei dem Dämon wird auch hier wieder der Platz gewechselt, dieses Mal mit dem Verbündeten. Nehmen Sie sich wieder die Zeit, sich im Körper des Verbündeten einzufinden. Wie fühlt es sich an, der eigene Beschützer zu sein? Als Verbündeter beantworten Sie die Fragen in der folgenden Weise:

 

  1. Ich werde dir helfen, indem ich …
  2. Ich werde dich beschützen, indem ich …
  3. Ich verspreche dir, dass …
  4. Du kannst mich herbeirufen, indem du …

 

 

Keine Angst vor gewaltigen Dämonen

Lama Tsültrim empfiehlt, keine Furcht vor gewaltigen und fordernden Dämonen zu haben und sich von ihnen nicht erschüttern zu lassen. Sie sagt:

"Je gewaltiger und fordernder der Dämon war, desto größer wird nun die Macht des Verbündeten, denn es ist die Gewalt des Dämons, die zur Kraftquelle des Verbündeten wird." 

 

 

Den Verbündeten auch im Alltag herbeirufen

Um seine Macht im Lebensalltag wirksam werden zu lassen, soll der Verbündete gerufen werden. Man kann einen Gegenstand aufstellen, der ihn repräsentiert, sich seine Worte in Erinnerung rufen.

 

 


Schritt 5: In Gewahrsam ruhen

 

Im abschließenden Schritt der Dämonenfütterung löst sich der Übende mit dem Verbündeten in Leere auf und ruht dann in gegenwärtigem Gewahrsam.

 

Was meint Lama Tsültrim damit? Sie sagt:

  • „Sobald das Denken eine Pause einlegt, und sei es auch nur für ein paar Sekunden, tritt eine Art entspannter Bewusstheit an die Stelle des normalen Gedankenstroms."
  • „Hier ist die Öffnung im 5. Schritt, ein Fenster zu einem Zustand ohne unterbewusstes Geschwätz, emotionale Ablenkungen oder die vielen Anhaftungen, die unser Alltagsleben bestimmen. 
  • "Die „Lücke“, der Raum zwischen den Gedanken.
  • In dem Zustand gewahrsamen Ruhens existieren weder "Ich", "der Dämon" noch "der Verbündete". 
  • Zustand des Friedens.
  • Zustand der Entspannung.
  • Zustand unermesslicher Weite.
  • Zustand wie nach getaner schwerer körperlicher Arbeit, wenn man sich erschöpft fallenlässt.
  • "Das entstandene Vakuum zulassen und nicht sofort wieder mit etwas anderem füllen oder benennen."
  • "Einfach im entspannten Sosein ruhen und die Sitzung beenden, wenn die Gedanken um etwas anderes zu kreisen beginnen."

 


6. Das Dämonentagebuch

 Lama Tsültrim schlägt vor, ein Dämonentagebuch zu schreiben und dabei die folgenden Fragen zu beantworten: 

 

  1. Mit welchem Dämon (= mit welchem innerseelischen Konflikt) habe ich mich befasst?
  2. Wo in meinem Körper hat er gesteckt, und welche Farbe, Beschaffenheit und Temperatur hatte er?
  3. Wie sah mein Dämon Dämon aus?
  4. Wie war es, selbst der Dämon zu werden? Gab es Unterschiede im Erleben des Dämons zum ersten, äußeren Betrachten; war er anders, als ich es erwartet hatte?
  5. Was will mein Dämon?
  6. Was brauchte mein Dämon?
  7. Auf welches Gefühl hoffte der Dämon, wenn er bekommen würde, was er brauchte?
  8. Womit habe ich meinen Dämon gefüttert?
  9. Wie hat sich seine äußere Erscheinung verändert, als ich ihn gefüttert habe?
  10. Was blieb übrig, als er vollkommen satt wahr?
  11. Wie sah mein Verbündeter aus?
  12. Was hat er mir versprochen?
  13. Wie will er mich beschützen?
  14. Wie habe ich mich gefühlt, als der verbündete sich in mir auflöste?
  15. Wie habe ich die Ruhephase / das Ruhen im Gewahrsein erlebt?
  16. Wie kann ich diese Erfahrung in meinen Lebensalltag integrieren?
  17. Welche Veränderungen nehme ich mir nach der Fütterung dieses Dämons vor?
  18. Was kann ich tun, um meinen Verbündeten herbeizurufen?

 

 


 

DIE FREIE SCHAMANIN:

(Gefahren-) Hinweis zur Arbeit mit den "Dämonen" 

 

(Dämonen als eigene negative Emotionen, Ängsten, Krankheiten und selbstzerstörerische Muster)

 

So spannend Buch und Inhalt auch sind: Es soll in diesem Überblick nicht verschwiegen werden, dass solche "Nachtmeerfahrten" auf eigene Faust durchaus auch gefahrvoll sein können.

 

Immerhin macht sich der/die Übende bewusst auf die Suche nach den eigenen "Dämonen" - und: Er/Sie wird die eigenen Dämonen treffen, wird ihnen in der Übung direkt gegenüberstehen. Denn bevor sie zu Verbündeten werden, visualisiert der/die Übende die Dämonen als eigenständige Persönlichkeiten.

 

Und nicht nur das. Dämon und Übende(r) tauschen auch die Plätze, das bedeutet:

Der/die Übende selbst nimmt die Position des Dämons ein, wird gleichsam zum Dämon, sieht sich selbst durch die Augen des Dämons und spricht als unabhängiges Dämonwesen. 

 

Daher ist es möglich, dass es zu unangenehmen Konfrontationen mit den eigenen Dämonen, also den eigenen "negativen Emotionen, Ängsten, Krankheiten und selbstzerstörerischen Mustern", mit sich selbst kommt. Dies sollte vor der Arbeit mit diesen Übungen bedacht werden. Gegebenenfalls sollte auch eine professionelle psychologische Unterstützung in Betracht gezogen werden.

 

Meine persönliche Erfahrung mit der in diesem Buch vorgestellten Arbeit:

Es funktioniert!

 

 

 

 


Auszug aus:

Tsültrim Allione, Den Dämonen Nahrung geben. Buddhistische Techniken zur Konfliktlösung

Seite 43f.

"Nach der traditionellen Methode hielt man bei der Chöd-Zeremonie in der rechten Hand die doppelseitige Trommel und in der linken Hand die Glocke und gelegentlich auch noch die Knochentrompete. ... Die Chöd-Trommel hat zwei Schlägel aus fest zusammengerolltem Tuch oder stoffumwickelte Perlen. Sie hängen zu beiden Seiten der doppelseitigen Trommel, die einen Durchmesser von ungefähr 30 Zentimetern hat, an Schnüren. Wenn die Trommel senkrecht gehalten und mit einer schnellen Bewegung des Handgelenks gedreht wird, schlagen die Schlägel auf beiden Seiten gleichzeitig an. Gegyen (Anm.: Gegyen  Khyentse, ein erfahrener alter Mönch) erklärte mir, dass diese Trommel die Untrennbarkeit von zyklischer Existenz (Samsara) und Nirwana, von Hoffnungen und Ängsten, Abgöttern und Dämonen symbolisiert. ... Gegyen lehrte uns, dass der Klang der Glocke der Klang der Leere sei und weibliche Weisheit repräsentiere. ... "Alles, was fest zu sein scheint, ist bloß eine Erscheinung ohne jede Substanz. Was wir für real halten, ist wie die Orte und Menschen, die wir im Traum sehen.""