DAS ZUHAUSE DES SCHAMANEN


Für den Schamanen „hat die ganze Natur eine verborgene, nicht-alltägliche Wirklichkeit. Das ist etwas, das man zu sehen lernt, wenn man dem Weg des Schamanen folgt“ (Michael Harner).

 

 

Von den Tschuktschen in Sibirien wird ein Schamanen-Gedicht (Gesang) überliefert.

Hier ein Auszug daraus:

 

Alles, was ist, ist lebendig.

Leise schaukelt die Laterne,

die Wände dieser Hütte haben Zungen,

sogar die Schale hat ihre eigene wahre Heimat,

in den Beuteln schlafen Felle,

durchwachten schwatzend die ganze Nacht ...

 

Quelle: Michael Harner, Der Weg des Schamanen

 



 

Und hier das Gedicht (Krafttier-Gesang) im Ganzen:

 

Was ein Schamane sieht

 

Alles, was ist, ist lebendig

An einem steilen Flussufer ist eine Stimme, die spricht,

ich habe den Meister dieser Stimme gesehen,

er verneigte sich vor mir,

ich sprach mit ihm,

er beantwortete mir alle Fragen.

 

Alles, was ist, ist lebendig.

 

Kleiner grauer Vogel

mit einer blauen Brust

singt in seinem Nest,

er ruft seine Geister zum Tanzen,

singt seine Schamanenlieder;

Grauspecht auf einem Baum

seiner Trommel,

er trommelt mit seinem Schnabel

und der Baum erzittert,

dröhnt wie eine Trommel,

wenn der Axthieb ihn trifft.

 

Alle diese Dinge antworten

auf meinen Ruf

 

Alles, was ist, ist lebendig.

 

Leise schaukelt die Laterne,

die Wände dieser Hütte haben Zungen,

sogar die Schale hat ihre eigene wahre Heimat,

in den Beuteln schlafen Felle,

durchwachten schwatzend die ganze Nacht;

Geweihe auf den Gräbern

erheben sich und umkreisen die Grabhügel,

während die Toten selbst aufstehen

und die Lebenden besuchen gehen.

 

 

Quelle:

Michael Harner, Der Weg des Schamanen. Das praktische Grundlagenwerk zum Schamanismus, S. 97 mit Fußnote 69

(Die Fußnote 69 verweist auf den Fundort: David Cloutier: Spirit, Spirit: Shaman Songs. Incantations, S. 32f.; frei bearbeitet durch Bogoras: The Chukchee, S. 281. Nach Hamel, S. 96, war der ausgehöhlte Baumstamm die Urform der Trommel.)