DIE SCHAMANISCHE TROMMEL


DAS WESEN DER SCHAMANISCHEN TROMMEL

 

Ein lebendiges Wesen mit eigenem Spirit

 

Die schamanische Trommel ist ein zum Schamanisieren, Geisterrufen und Heilen gefertigtes Instrument und spirituelles Kraftobjekt. Die Trommel beherbergt das Wissen, die spezifischen Fähigkeiten und die Persönlichkeit des Tieres und des Baumes, aus denen sie gefertigt ist, sowie den Willen der Geistwesen, die bei ihrer Entstehung anwesend waren. Dies sind die Geister der Trommel, die diese zu einem mit spiritueller Kraft begabten und lebendigen Wesen und treuen Gefährten des Schamanen machen und ihn auf seinen Reisen begleiten und geleiten.

 

Im rückwärtigen Innern mancher alter (und auch neuer) Instrumente findet sich ein anthropomorph gestalteter Handgriff: Es ist der Herr der Trommel, die Haupt-Entität des Instrumentes. Traditionell ist dies der Ahnherr des Schamanen, ein verstorbener Schamane der Familienlinie. Bei Personen ohne schamanische Vorfahren kann es der Führungs- oder Schutzgeist sein, der mit dem Schamanen zusammenarbeitet und den Bau der Trommel "beauftragt" hat.

 

Der Handgriff erlaubt nicht nur das Halten und Führen des Trommelkörpers, sondern ermöglicht auch den physischen, energetischen Kontakt zu dem Herrn der Trommel und den möglicherweise weiteren Trommel-Spirits, ihren Schwingungen, die sich an diesem zentralen Punkt treffen, mit dem Schamanen sprechen, ihn leiten und unterstützen.

 

Und manchmal - öffnet sich die Trommel und lässt den Reisenden und Schamanen ein in eine unsichtbare Parallelwelt der Spirits und Ahnen.

 

 


                                                                                                    Schamanische Pferdetrommel

                                                                                            Hergestellt wurde die Trommel von: IRIS LILLA.

                                                                  Photographie und seit 2016 Eigentümerin der edlen Trommel: DIE FREIE SCHAMANIN


Bemalung und Ornamentik - schamanische Mythologie und Kosmologie

 

Bemalung und Ornamentik der Trommel enthalten Profanes und Sakrales, geben das mythologische, magische und kosmogonische Weltbild und Wissen des Schamanen wieder, beschreiben auf symbolische Weise alltägliche Begebenheiten, stellen höchste Wesen der schamanischen Welten, wie Götter, Ahnen, Hilfsgeister, spirituelle Helfer, dar - allesamt Verbündete des Schamanen.

 

Literatur: Alfred Stolz, Schamanen. Ekstase und Jenseitssymbolik. 1988 DuMont Buchverlag. S. 142 ff.

 


Materialien zur Fertigung der Trommel

 

Der Baum, der das Holz bzw. die Rinde für den Trommelrahmen bildet, repräsentiert den zentralen Weltenbaum, an dem entlang der Schamane die drei Welten bereist. Bestimmung und Wahl des Baumes und Tieres zum Fertigen der Trommel sind immer abhängig vom Willen der Spirits beziehungsweise eines übermenschlichen Willens (vgl. Eliade, S. 168). Art des Baumes und Tieres verweisen auf die jeweilige schamanische Tradition, den Charakter und die spezifische Aufgabe sowie den Klang der Trommel. Sie können auch einen Hinweis darauf geben, welchen Geist die Trommel innehat oder künftig beherbergen wird.

 

Auswahl der Materialien, der Wille und die formulierte Absicht sind wesentliche und grundsätzliche Aspekte in der schamanischen Arbeit überhaupt und in der Herstellung schamanischer Instrumente und Objekte. Sie geschehen immer im Kontakt mit jenseitigen Mächten beziehungsweise auch auf deren Anweisung hin.

 

Für den Rahmen eignen sich Birke, Lärche, Fichte, Tanne, Kiefer, Zeder, Weide, Buche, Esche, Eiche, Ahorn, Ulme, Pappel. Dabei hat jede Baumart und jeder Baum seinen einzigartigen Charakter, der Schamane wird von dem Baum wählen, der ihm für seine spezifische Arbeit vorbestimmt ist. Den Schlägel bilden Hölzer, Knochen, Tierpfoten, Geweihteile; zum Dämpfen des Tones und Schutz des Trommelfells werden diese gelegentlich mit Fellen überzogen.

 

Für das Trommelfell werden Tierhäute vom Hirschen, Reh, Pferd, Bison, Ziege, Schaf, Rentier, Steinbock, Elch, Robbe, selten von Fischarten genommen. Auch hier ist die Auswahl nicht willkürlich, sondern der Schamane wird den Vorgaben der Spirits folgen und das Tier nehmen, welches ihm als Begleiter zugeteilt wird.

 

Literatur: Alfred Stolz, Schamanen. Ekstase und Jenseitssymbolik. 1988 DuMont Buchverlag. S. 142 ff.

 


Erweckung der Trommel und Schließen eines spirituellen Bundes

 

Die Trommel wirkmächtig rühren, schlagen und spielen kann, wer Verbindung mit der Trommel und ihrem Herrn und den Spirits aufnimmt, wenn alle drei - Schamane, Trommel und ihre Geister - eine Beziehung miteinander eingehen und JA zueinander sagen. 

 

Dafür muss die Trommel "individualisiert" - die Trias "Trommel-Geist-Schamane" in wörtlichem Sinne "aufeinander eingestimmt" - und erweckt werden. Hierzu geht der Schamane in die Verschmelzung mit seinem Krafttier und seinem Führungsgeist. In diesem Zustand der doppelten spirituellen Verschmelzung ruft er die vorfindlichen Kräfte in der Trommel an und bläst seinen eigenen Atem mit hinein, behaucht und belebt somit das Trommelfell, den Trommelrahmen und den vorfindlichen Geist mit eigenem Lebensodem. Oder es wird ein Geist außerhalb angerufen und gebeten, in die Trommel zu kommen, um darin zu wohnen und zu wirken. Dieser besondere Geist wird dann mit dem menschlichen Odem eingeblasen und auf diese Weise die Trommel zu einem spirituellen Wesen belebt.

 

Mit dem ersten absichtsvollen Schlagen der Trommel antworten Geist und Trommel und Schamane einander und vollziehen gemeinsam den nun gültigen und wirksamen Bund. Sie sind jetzt geistige Verbündete und arbeiten miteinander. 

 

 


Das Rufen des "Herrn der Trommel"

 

Gelegentlich sind die Spirits abwesend, auf Reisen oder in ihrer Trommel-Behausung schlummernd. Für diesen Fall mögen Schamane und Geist der Trommel ein Zeichen (Wort, Bewegung)  verabreden, auf welches hin der Geist der Trommel erwacht oder sich rasch herbeirufen lässt. 

 

Wer schamanisch tätig ist, weiß, dass auch die Geister den Schamanen rufen.

 

 


Das Rufen der Geister mit der Trommel 

 

Die Trommel hilft dem Schamanen, sich in den "nicht-alltäglichen" Bewusstseinszustand zu begeben, der es erlaubt, mit der geistigen Welt zu kommunizieren. Die geistige oder auch "nicht-alltägliche" Welt ist ein zum Hier-und-Jetzt parallel existierendes Universum, eine mit dem Diesseits verschränkte Matrix, in welcher spirituelle Kräfte (Geister, die Spirits) wirken. Diesseits und Jenseits sind gestaltet und durchwoben von derselben Kraft auf unterschiedlichen Ebenen: der universellen, kosmischen Kraft, die das Universum und alles, was in ihm existiert, beseelt, mit Seele, Atem und Leben begabt. Das Geschehen der einen Sphäre beeinflusst gleichsam die andere. Schamanen gehen auf ekstatische Wanderung auf dem energetischen Netz, durchreisen unsichtbar aufgespannte Membranen, die zarten energetischen Gewebe der untereinander, neben- und ineinanderliegenden Welten, um nach Informationen zu suchen, die den Vorfindlichkeiten des Hier und Jetzt zugrunde liegen mögen. Dort, in der nicht-alltäglichen Welt, und in der Fürsprache für den Klienten bitten sie um Weisung, Veränderung, Heilimpulse.

 

Schamanische Reisen gestalten sich nicht immer gleich, sondern sind abhängig auch von Art und Wesen des Klienten und seinen eigenen Geistverbündeten. Manche Menschen sind eng verbunden mit spirituellen Wesen und stehen in regem Kontakt zu diesen, sie stellen sich auch in der schamanischen Sitzung rasch ein und wirken auf ihre Weise mit an Not-wendigen Veränderungen. 

 

Manche Klienten sind eng verbunden mit Engelwesen, der Schamane tritt dann in Kontakt mit diesen. Manch andere sind eng verbunden mit TiergeisternSteinwesen oder Pflanzenhelfern, mit diesen hat der Schamane dann Kontakt.

 

So ist es gut und wichtig, dass der behandelnde Schamane viele Verbündete hat und mit den unterschiedlichen Wesenheiten vertraut ist. Der heutige Mensch ist intelligent, gebildet und sehr fortgeschritten in allen wissenschaftlichen Bereichen, und dennoch mag es ihm manchmal so scheinen, dass auch unbekannte wie unsichtbare Kräfte an und in und hinter ihm wirken.

 

Der universellen Lebens-Kraft begegnet der Schamane in Form und Gestalt von Geistern: Ahnengeistern, Tier-, Pflanzen- und Elementarwesen. Der Schamane auf seinen Reisen sucht nach ebendieser Kraft in Form von Geistern und bittet sie, als seine Verbündeten zu wirken, ihm zur Seite zu stehen und mit Informationen, Heilkraft und Wissen zu versorgen. 

 

 


Der Herr der Trommel

 

 

Fundort der Photographie in: Nana Nauwald, Bärenkraft und Jaguarmedizin. Die bewusstseinsöffnenden Techniken der Schamanen, S. 122 unten, mit folgendem Text: "Das  Innere einer Schamanentrommel, die dem Schamanen zugewandte, "private" Seite. Altaigebirge, spätes 19. Jahrhundert. (Foto: Timo Lehtinen)


Öffnung der Trommel in ein Paralleluniversum

 

Wird die Trommel von der "richtigen" Person geschlagen, öffnet das Instrument die Tür in einen Parallel-Raum hinein, oder sie öffnet sich mittels ihres Trommelfells selbst als Tor zu einem spirituellen, visionären Parallel-Raum. Die Trommel galoppiert, singt, weint, vibriert, hüllt ein mit ihrem Klang, der aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Vibrationen des Trommelfells, des Rahmens, des Anschlags des Schlägels, des Reise-Willens des Schamanen entsteht. Die mit dem Trommelschlag erzeugten Klangwellen bilden energetische Schutzkreise und verhindern das Eindringen von Fremdenergien. Das Spiel, der Schlag, sein fester Wille fokussieren den Schamanen und lassen ihn auf dem hochkonzentrierten Klangteppich durch die Bewusstseins-Ebenen reisen.